Unfreiwilliger Wegbereiter der Französischen Revolution: Zum 300. Todestag von Ludwig XIV.

Der Kurzreporter
von Der Kurzreporter September 6, 2015 15:55

Unfreiwilliger Wegbereiter der Französischen Revolution: Zum 300. Todestag von Ludwig XIV.

Er war einer der am längsten regierenden Herrscher Europas, hatte den Thron offiziell schon im Alter von vier Jahren bestiegen: Am 1. September verstarb Ludwig XIV. nach 72-jähriger Regentschaft – und ließ ein bankrottes Frankreich zurück.

Ludwig erblickte am 5. September 1638 das Licht der Welt, das Volk verpasst dem Frischgeboren den Beinamen „Dieudonné“ – zu Deutsch „der von Gott Gegebene“. Um eine Ehrerbietung handelte es sich aber nicht, der Name war spöttisch gemeint. Es war ein offenes Geheimnis, dass das Verhältnis von Ludwigs Vater Ludwig XIII. und seiner Mutter nicht das beste und schon gar nicht das innigste war. Ohne eine Art göttliche Empfängnis, spottete der Volksmund, hätte der Thronfolger daher gar nicht auf die Welt kommen können.

Heimlicher Herrscher war zunächst ein Kardinal

Dennoch passte der Beiname hervorragend zu Ludwig XIV., da dieser sich als eine Art höheres Wesen betrachtete. Wahrscheinlich musste er das auch glauben, schließlich wurde er von jüngster Kindheit an als etwas Besonderes behandelt und bereits im Alter von vier Jahren zum Monarchen erhoben. Zum Regieren war er natürlich viel zu jung, das übernahm zunächst seine Mutter. Hinter den Kulissen war es aber jemand anderes, der die Fäden zog und zum heimlichen Herrscher wurde: Kardinal Mazarin, ein gebürtiger Italiener, der es trotz fehlender Priesterweihe bis zum Kardinal brachte. Mazarin lenkte nicht nur den Staat, er lenkte auch die Erziehung und Entwicklung Ludwigs. Der König mischte ab seinem 16. Lebensjahr in den Regierungsgeschäften mit und übernahm 1661 nach dem Tod Mazarins die alleinige Regierung.

„Der Staat bin ich“: Absolutistisches Herrschaftsverständnis

Ludwig XIV. ist ein absolutistischer Herrscher, der seine Regentschaft als Ausdruck des göttlichen Willens versteht. Auch wenn der berühmte Ausspruch „Der Staat bin ich“ gar nicht von ihm selbst stammte: Das Zitat spiegelt sein Selbstverständnis treffend wieder. Ludwig XIV. sah sich als Zentrum des Staates. So wie die Sonne der Mittelpunkt des Sonnensystems ist, ist Ludwig der Mittelpunkt Frankreichs. Er machte die Sonne denn auch zu seinem Königswappen, auf diese Weise kam sein Beiname „Sonnenkönig“ zustande. Für Ludwig XIV. war der Staat quasi Privatbesitz, mit dem er ganz nach Belieben verfahren konnte.

Dieses Herrschaftsverständnis spiegelt sich in der Gigantomanie von Ludwigs Amtssitz wieder, dem Schloss Versailles nahe Paris. Das Hauptgebäude allein kam auf 700 Zimmer, etwa 10.000 Menschen lebten im ganzen Schloss. Tag für Tag mussten mindestens 200 Höflinge zum Morgenritual antreten und ihrem Herrscher Respekt zollen – und dass sogar, wenn der gar nicht in Versailles war.

Ludwigs Hinterlassenschaft: Der Staat ist finanziell ruiniert

Mit fortschreitender Regentschaft legte Ludwig XIV. immer stärkere Zeichen von Größenwahn an den Tag, seine Eitelkeit nahm krankhafte Züge an. Um als großer Stratege und Feldheer in die Annalen einzugehen, führte Ludwig Krieg auf Krieg. Auf die Staatsfinanzen wirkte sich das verheerend aus. Als der Sonnenkönig verstarb, lag Frankreich in Schatten. Der Staat war pleite, den Menschen ging es schlechter als unter jedem anderen französischen König. Die Saat der Aufruhr war damit gesät. Ohne es zu wollen, hatte der absolutistische Herrscher der Französischen Revolution den Weg geebnet, die 1789 wie ein Orkan über die Monarchie und ganz Frankreich hinwegfegen sollte.

Bild: Thinkstock, 173719576, iStock, frederic prochasson

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von Der Kurzreporter September 6, 2015 15:55