Flexibel und kostspielig: Wann sich Multi-Asset-Fonds lohnen

Der Kurzreporter
von Der Kurzreporter Dezember 19, 2016 15:27

Bremen (dpa/tmn) – Niedrigere Erträge akzeptieren oder ein höheres Risiko in Kauf nehmen? Vor dieser Wahl stehen Anleger schon seit einigen Jahren. Die sicheren Wertpapiere garantierten früher noch eine anständige Rendite – heute bringen sie immer weniger ein.

Darauf reagierte die Fondsbranche und baute immer flexiblere Produkte in Form von Mischfonds oder auch Multi-Asset-Fonds – einer Weiterentwicklung der Mischfonds. Multi-Asset-Fonds können sich aus verschiedenen Anlageklassen zusammensetzen, beispielsweise Aktien, Anleihen und Rohstoffen. «Ziel dieser Mischung ist die Reduzierung des Risikos», erklärt Annabel Oelmann von der Verbraucherzentrale Bremen. Das Mischverhältnis fällt sehr unterschiedlich aus: «Es gibt defensive, ausgewogene und auch aggressive Multi-Asset-Fonds.» Verbraucher müssen immer genau abwägen, ob sie sich mit dem eingegangenen Risiko wohlfühlen.

Das Problem dabei: Der Verbraucher kauft eine Blackbox. Denn oft wird das Mischverhältnis gar nicht angegeben. «Es kann also sein, dass der Manager zu 100 Prozent in Aktien oder zu 100 Prozent in Renten investiert», erklärt Thomas Krüger von der Stiftung Warentest.

Die Fondsbranche wirbt mit der im Vergleich zu Mischfonds höheren Flexibilität der Multi-Assets: Denn die Fonds-Manager dürfen in alles investieren, was der Markt zu bieten hat, etwa in variabel verzinsliche Anleihen oder in Währungen – und zwar auch außerhalb des Kapitalmarkts. Sie kaufen also beispielsweise sogenannte Alternative Investmentfonds, die ähnlich wie Hedgefonds, ein hohes Verlustrisiko haben. Oder sie investieren in Private Equity – kaufen also Anteile etablierter Unternehmen, deren Werte sich nicht wie bei Aktien täglich ändert.

Diese Arbeit muss der Anleger bezahlen: «Das aktive Fonds-Management macht sich auch bei den hohen Kosten bemerkbar», warnt Oelmann. Neben den laufenden Kosten für das Management und die Verwaltung der Wertpapiere kommt zu Beginn noch ein Ausgabeaufschlag hinzu. Dieser soll die Vertriebskosten decken. Außerdem gibt es häufig eine Erfolgsgebühr, ergänzt Krüger. Ein weiterer Minuspunkt: Auch wenn es Berater meist anders verkaufen, können die Fonds-Manager in Wahrheit kaum vorhersehen, welche Anlageklassen am besten laufen werden.

Trotz der Nachteile sind Mischfonds und Multi-Assets bei Anlegern beliebt. In den vergangenen drei Jahren verbuchten sie Rekord-Absätze. Im Jahr 2015 sammelten Mischfonds Zuflüsse von 38,6 Milliarden Euro netto ein, informiert der deutsche Fondsverband BVI. Zum Vergleich: Insgesamt sammelten Publikumsfonds netto 71,9 Milliarden Euro neue Gelder ein. Laut BVI bauen Multi-Asset-Fonds Anlegern, die unter Umständen vor reinen Aktien-Anlagen zurückschrecken, eine Brücke zu renditestarken Assetklassen. Denn bei Multi-Asset-Fonds riskieren sie weniger Kapital als Aktien-Anleger, erhalten aber auch weniger Rendite.

Bei der Suche nach Multi-Asset-Fonds kann die Kennzahl «Maximum Drawdown» Verbrauchern Orientierung bieten. Diese Kennzahl stellt den maximal angehäuften Verlust innerhalb eines bestimmten Zeitabschnitts dar. Somit kann der Maximum Drawdown ein realistisches Bild über Verlustpotenziale der Vergangenheit liefern.

Unbesehen würde Krüger einen Multi-Asset-Fonds nicht empfehlen. Besser: «Anleger sollten sich an bewährten Fonds orientieren, die mindestens drei Jahre auf dem Markt sind», rät er. Wer Fonds vergleichen will, sollte darauf achten, dass sie ähnliche Ziele bei der Rendite und dem dafür eingesetzten Risiko verfolgen. Auch von jungen Fonds, die Berater gerne empfehlen, rät der Finanzexperte ab.

Krüger empfiehlt: «Einsteiger sollten sich ihr Portfolio lieber selbst zusammenstellen.» Ideal ginge das mit zwei passiven Fonds – einem Aktien- und einem Renten-Fonds. Der Vorteil: Anleger können die Mischung selbst bestimmen. Somit ist das Risiko klar, und die laufenden Kosten sind gering – wenn man die Fonds günstig an der Börse oder als Sparplan bei Direktbanken kauft.

Alternativ zu Multi-Asset-Fonds empfiehlt Oelmann eine Kombination aus einem relativ gut verzinsten Tagesgeldkonto und einem Indexfonds auf den Weltaktienindex MSCI World. In den Indexfonds sollten Anleger nur einen kleinen Teil ihres Geldes investieren – Geld, das sie nicht direkt benötigen, damit sie Wertschwankungen verkraften können. Die Finanzexpertin rät: «Kaufen Sie den Fonds in Raten, also mit der gleichen Summe zu verschiedenen Zeitpunkten, um den dabei entstehenden Durchschnittskosteneffekt mitzunehmen.»



Fotocredits: Andrea Warnecke,Stiftung Warentest,Verbraucherzentrale Bremen

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