Der Verbot von Ratingagenturen: Was steckt dahinter und was bringt es?

Der Kurzreporter
von Der Kurzreporter Oktober 20, 2011 11:17

Die Panik um eine Wirtschaftskrise ist derzeit ironischerweise eine der Ursachen der Wirtschaftskrise, daher will die EU Ratingagenturen verbieten, die finanziellen Misslagen gefährdeter Staaten offen zu legen. Ob das wirklich der Finanzlage helfen kann?

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Sobald eine Ratingagentur die Bonität eines Staates prüft und herabstuft, wird es eng für Kredite und Anleihen, denn selbstverständlich reagieren Banken vorsichtig, erhöhen Zinsen oder verweigern Kredite ganz. Gleichwohl reagiert auch die Börse empfindlich auf jegliche Ratings, die zwar nicht immer korrekt sind und teilweise arg über- oder untertreiben, gerade durch diese Übertreibung aber in einer Art Catch 22 die Ergebnisse wahr werden lassen können.

Was passiert bei einem Rating?

Ratingagenturen sind immer privat, also gewinnorientiert und sollen die Kreditwürdigkeit von Unternehmen (das beinhaltet auch Staaten) bewerten. Dabei sind die Agenturen auf die Informationen der zu bewertenden Unternehmen angewiesen, befinden die sich in einer Schuldenkrise, werden sie aber höchstwahrscheinlich nicht alle Informationen preis geben. Bereits in der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass Ergebnisse teilweise arg an der Realität vorbei gehen können, so dass man generell immer nur von einer Schätzung ausgehen sollte, wenn es um die Ratings geht.

Problem der Ratings

Das große Problem der Bonitätsprüfung ist die oftmals kontraproduktive Panikmache, die durch ein schlechtes Ergebnis entsteht. Ein kriselndes Unternehmen wird nach den veröffentlichten Ergebnissen noch weniger Chancen an der Börse oder bei Investoren haben, so dass ein negatives Ergebnis wie eine sich selbst erfüllende Prophezeiung wirkt, denn wenn das Unternehmen keine Kredite mehr aufnehmen kann, bzw. dafür horrende Zinssätze bezahlen muss, die von den Banken vergeben werden, damit die eine Sicherheit haben, wird es immer schwieriger, aus der Krise heraus zu kommen. Funktionierte das Unternehmen sogar gut und wurde nur durch verfälschte Bonitätsergebnisse herab gestuft, kann es sogar ohne eigenes Verschulden in den Ruin getrieben werden. Anstatt nämlich die Agenturenratings als reine – fehlbare – Schätzungswerte zu sehen, nehmen viele sie allerorts als faktische Messwerte und agieren danach, ohne weitere Variablen zu berücksichtigen.

Verbot der Ratings

Michael Barnier will nicht die Ratingagenturen selbst verbieten, sondern die Offenlegung von Ergebnissen kriselnder EU-Länder. Das auch nicht endgültig, sondern vorübergehend, nicht zuletzt, um zu sehen, ob die Ergebnisse tatsächlich standhalten können, oder übertrieben, bzw. falsch ermittelt wurden. Bei diesem Gesetz soll die EU in Eigenregie auswählen können, welche Ergebnisse offen gelegt werden können und welche erst einmal vorbehalten werden. Geplant wird dieses VVerfahren erst Ende 2012, ob es bis dahin überhaupt noch notwendig ist, oder ob wir bis dahin eh alle bankrott sind, sei einmal dahin gestellt.

Die Frage, ob so ein Gesetz überhaupt Nutzen hat, stellt sich trotz der erwähnten Probleme weiterhin, denn da die EU entscheidet, welche Ergebnisse veröffentlicht werden und welche nicht, scheint es vielmehr so, als könnten durch das wissentliche Zurückhalten der Informationen weitere Investoren fehlgeleitet werden, wodurch bei einer tatsächlich fehlenden Bonität weitere Schuldenberge und finanzielle Fehlentscheidungen zur Krise addiert werden. Wichtiger wäre es daher, wie schon öfter gefordert, die Vorgehensweise der Ratingagenturen offener darzulegen, damit man auch objektiv betrachten kann, welche Informationen tatsächlich vorlagen und wie vertrauenswürdig die Ergebnisse damit sind.

Der Kurzreporter
von Der Kurzreporter Oktober 20, 2011 11:17